- Webern
- Webern,Anton Friedrich Wilhelm (von), österreichischer Komponist, * Wien 3. 12. 1883, ✝ Mittersill 15. 9. 1945; war Schüler von G. Adler und A. Schönberg, mit diesem und A. Berg lebenslang eng befreundet; wirkte ab 1908 als Theaterkapellmeister in Wien, Danzig, Stettin und Prag, arbeitete seit 1918 in Schönbergs »Verein für musikalische Privataufführungen« mit und leitete 1921-34 die Wiener Arbeiter-Sinfoniekonzerte sowie den Wiener Arbeiter-Singverein. Seit 1927 war er Dirigent, seit 1930 Fachberater beim Österreichischen Rundfunk. 1938 erhielt er Aufführungs- und Publikationsverbot und lebte sehr zurückgezogen v. a. von musikalischem Privatunterricht. Von Bedeutung für Webern war die freundschaftliche Verbindung mit der Dichterin Hildegard Jone (* 1891, ✝ 1963), deren Texte er für verschiedene Kompositionen verwendete. - Webern ist neben Schönberg und Berg der bedeutendste Vertreter der Zweiten Wiener Schule. Wie bei Schönberg entwickelte sich sein Kompositionsstil nach spätromantischen Anfängen (Opus 1 und Opus 2) konsequent zur freien Atonalität (George-Lieder Opus 3 und Opus 4), seit den Streichquartettsätzen Opus 5 gepaart mit einer extremen Kürze und motivischen Verdichtung des Satzes, der »einen Roman durch eine einzige Geste, ein Glück durch ein einziges Ausatmen« ausdrückt (Schönberg). Die folgende Schaffensphase (Opus 12 bis Opus 19), die Weberns Weg von der freien zur reihengebundenen Atonalität (Zwölftontechnik) dokumentiert, enthält nur Vokalwerke, bei denen der Text eine wichtige strukturbildende Rolle übernimmt. Die Kompositionen von Opus 20 bis Opus 31 bedienen sich ausschließlich der Reihentechnik. Während bei Schönberg und Berg eine Reihe die Basis zur Themen- und Motivtechnik darstellt, führt Webern Thema und Reihe zusammen. Die Reihe spiegelt zugleich die Idee der Komposition, indem sie in sich bereits (durch Symmetrien, Motiv- und Intervallanalogien) konstruktiv gegliedert ist. So ist z. B. die spiegelförmige Anlage der Sinfonie Opus 21 in einer spiegelförmigen (krebsgleichen) Reihe potenziell vorgegeben. In einigen Werken (z. B. im Konzert Opus 24) bindet Webern rhythmische, dynamische und klangliche Elemente (v. a. durch eine spezifische, quasi punktuelle Instrumentation) eng an die Reihenstruktur, wodurch er - durch einen Akt radikaler Weiterführung und Umdeutung - nach 1950 zum Vorbild und Anreger serieller Komponisten (K. Stockhausen, P. Boulez, L. Nono) werden konnte.Werke: Orchesterwerke: Passacaglia Opus 1 (1908); »Sechs Stücke« Opus 6 (1909/10); »Fünf Stücke« Opus 10 (1911-13); Sinfonie Opus 21 (1928); Konzert Opus 24 (1934); Variationen Opus 30 (1940).Kammermusik: Fünf Sätze für Streichquartett Opus 5 (1909); »Vier Stücke« für Violine und Klavier Opus 7 (1910; endgültige Fassung 1914); »Sechs Bagatellen« für Streichquartett Opus 9 (1913); »Drei kleine Stücke« für Violoncello und Orchester Opus 11 (1914); Streichtrio Opus 20 (1927); Quartett für Violine, Klarinette, Tenorsaxophon und Klavier Opus 22 (1930); Variationen für Klavier Opus 27 (1936); Streichquartett Opus 28 (1937-38).Vokalwerke: »Entflieht auf leichten Kähnen« (nach S. George) für Chor Opus 2 (1908); Fünf Lieder (George) Opus 3 (1907/08); Fünf Lieder (George) Opus 4 (1908/09); Zwei Lieder (R. M. Rilke; mit acht Instrumenten) Opus 8 (1910; vierte Fassung 1925); Vier Lieder (H. Bethge, A. Strindberg, Goethe) Opus 12 (1915-17); Vier Lieder (K. Kraus, Bethge, G. Trakl; mit Orchester) Opus 13 (1914-18); Sechs Lieder (Trakl; mit vier Instrumenten) Opus 14 (1917-21); Fünf geistliche Lieder (mit fünf Instrumenten) Opus 15 (1917-22); Fünf Kanons (für Sopran, Klarinette und Bassklarinette) Opus 16 (1923/24); »Drei Volkstexte« (für Singstimme und drei Instrumente) Opus 17 (1924); Drei Lieder (mit Klarinette und Gitarre) Opus 18 (1925); Zwei Lieder (Goethe; für Chor und fünf Instrumente) Opus 19 (1926); Drei Gesänge (H. Jone) Opus 23 (1934); Drei Lieder (Jone) Opus 25 (1934/35); »Das Augenlicht« (Jone; für Chor und Instrumente) Opus 26 (1935); 1. Kantate (Jone) Opus 29 (1938/39); 2. Kantate (Jone) Opus 31 (1941-43).Ausgaben: Briefe an Hildegard Jone und Josef Humplik, herausgegeben von J. Polnauer (1959); Der Weg zur neuen Musik, herausgegeben von W. Reich (Neuausgabe 1963).A. W. Dokumente, Bekenntnisse. Erkenntnisse, Analysen (Wien 1955);F. Wildgans: A. W. Eine Studie (1967);E. Budde: A. W.s Lieder, op. 3. Unterss. zur frühen Atonalität bei W. (1971);H. Deppert: Studien zur Kompositionstechnik im instrumentalen Spätwerk A. W.s (1972);Beitrr. der Österr. Gesellschaft für Musik, Bd. 1972/1973: W.-Kongreß (1973);T. W. Adorno: Der getreue Korrepetitor (1976);T. W. Adorno: Klangfiguren, in: Ges. Schriften, Bd. 16 (1978);F. Döhl: W. W.s Beitrr. zur Stilwende der Neuen Musik (1976);H. Krellmann: A. W. (20.-22. Tsd. 1991);K. Bailey: The life of W. (Cambridge 1998).
Universal-Lexikon. 2012.